Dienstag, 14. Dezember 2010

Ein Lehrer


Ein heldenhaftes Opfer
In jener Zeit, da ich noch als Lehrer arbeitete, wurde ich auf einen Schüler aufmerksam, der bei den Abschlussprüfungen am Ende des Jahres in meiner Klasse von dreissig Schülern das Schlusslicht bildete. Ich sah, dass ihn das Ergebnis schwer deprimierte, also nahm ich ihn zur Seite.
"In meiner Klasse von dreissig Schülern muss schliesslich einer der Letzte sein,", sagte ich zu ihm. "In diesem Jahr hast du dieses heldenhafte Opfer erbracht, sodass keiner deiner Freunde die Schande erleben musste, der Letzte zu sein. Du bist sehr gütig und mitfühlend. Eigentlich verdienst du einen Orden."
Wir wussten alle beide, dass ich etwas völlig Blödsinniges sagte, aber er begann zu grinsen und sah sein schlechtes Abschneiden auf einmal nicht mehr als das Ende der Welt an.
Im nächsten Jahr zeigte er erheblich bessere Leistungen, und da war eben jemand anderes daran, ein heldenhaftes Opfer zu bringen."
(Ajahn Brahm, aus: "Die Kuh, die weinte", Lotos)


Diese kleine Erzählung erinnerte mich an meinen Matheunterricht. Ich bekam damals eine ungerechte, schlechte Zeugnisnote. Meine Freundin und ich wurden von unserer Mathelehrerin zur Aussprache nach Hause eingeladen. Dort hielt ich ihr protestierend mein Zeugnis hin und wartete darauf, dass sie es korrigierte. Sie nahm es, rechnete den Notendurchschnitt aus und kam auch zum selben Schluss: Die Note war falsch. Darauf blickte sie mir in die Augen und sagte ernst: "Gut, diese Note entspricht jetzt nicht deinen wahren Leistungen, aber der Lernstoff wird nächstes Jahr schwieriger und dann wirst du bestimmt diese Note haben." Sprach's und servierte mir zur Versöhnung ein Stück Kuchen.

Ihre Prophezeiung ging nächstes Jahr in Erfüllung.


Peter Bichsel war dreizehn Jahre lang Lehrer in einem Schweizer Dorf. Einmal wollte er Sprichwörter erklären, zum Beispiel: Man soll den Teufel nicht an die Wand malen. Er zeichnete einen grossen Teufel an die Wandtafel und fragte: "Nun, welches Sprichwort ist mit dieser Zeichnung gemeint?" Begeistert rief ein Kind: "Narrenhände beschmieren Tisch und Wände!"
(Anekdotenbuch)

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